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Die übrigen konnten sich nur bei Gefahr für Leib und Leben auf die Straße wagen. Aber auch die neun bürgerlichen Stadtverordneten nahmen an der Farce nicht teil, obwohl man fest mit der DNVP gerechnet hatte, deren Vertreter ja im Reich mit Hitler in einer Regierung saßen. Die Chemnitzer DNVP-Fraktion lehnte die Teilnahme ab, weil sie die Befugnis der Einladenden in Zweifel zog.In der Sitzung des auf ein Drittel begrenzten Stadtparlamentes herrschte eine siegestrunkene, hasserfüllte Atmosphäre. Der NSDAP-Kreisleiter Mutz schrie in den Saal: „Wo ist denn die Kommune, wo ist die SPD, wo sind die Antifaschisten. Sie sitzen zu Hause und zählen an den Fingern ab, wann die Stunde kommt, da auch sie in die überfüllten Gefängnisse hineingepfercht werden.“ Dann beschloss man, den kommunistischen und sozialdemokratischen Stadträten die Aufwandsentschädigung und die Straßenbahnfreikarten zu streichen sowie kein amtliches Material mehr zuzustellen. Man benannte Straßen um, u. a. den Karl-Marx-Platz in Schlageterplatz, den Theaterplatz in Hitlerplatz und die Bebelstraße in Wettiner Straße. Hitler und Hindenburg wurden zu Ehrenbürgern ernannt. Jüdische und kommunistische Lehrer sollten entlassen und die Volkshochschule geschlossen werden. Alle diese Entscheidungen waren rechtlich ungültig. Aber wie im Reichsmaßstab war auch in der Kommune Rechtsbruch ein wesentliches Element zur Errichtung der NS-Diktatur. Während der Terror wütete, verabschiedete das Regime in rascher Folge Gesetze. Sie dienten der Stabilisierung seiner Macht. Die Gesetze erweckten den Anschein der Legalität, sprachen aber der gültigen Reichsverfassung Hohn. Sächsische und Chemnitzer NSDAP-Instanzen eilten dabei immer wieder denen im Reich voraus. Beispielsweise erließ der so genannte Reichskommissar für Sachsen schon am 11. März eine Verordnung, die kommunistischen Lehrern die Ausübung ihres Dienstes untersagte.

 

Dr. Karl-Heinz-Schaller

Quelle: Der Beitrag wurde dem Buch „Fabrikarbeit in der NS-Zeit, Arbeiter und Zwangsarbeiter in Chemnitz 1933-1945. Verlag für Regionalgeschichte Bielefeld, 2011. entnommen.

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